FNP: „Die Leute wollen Klartext hören"

Thomas Murawski (rechts) und Frank Brückner (Vorsitzender SPD Sachsenhausen)
im Kommunalwahlkampf 2011 in Aktion
 
Thomas Murawski über den Zustand der Sachsenhäuser SPD

Thomas Murawski (45) trat wegen der Posse um 36 vom SPD-Ortsverein Sachsenhausen abgelehnte Neu-Mitglieder von seinem Sprecher-Posten zurück. Im Interview mit Mirco Overländer stellt er sich hinter Petra Tursky-Hartmann, die gerne im Wahlkreis 37 als Landtagskandidatin antreten würde, und wettert gegen den Niederräder Genossen Ralf Heider.

Herr Murawski, bitte erklären Sie uns, weshalb Sie dem SPD-Ortsverein Sachsenhausen nicht mehr als Sprecher zur Verfügung stehen.

THOMAS MURAWSKI: Ich hätte mir seitens des SPD-Unterbezirksvorstands mehr Kommunikation gewünscht. Einen Tag nach dessen Entscheidung, die Neu-Mitglieder aufzunehmen, wurden mir alle Entscheidungen und Begründungen des Unterbezirks von Journalisten mitgeteilt. Auch der Vorstand des Ortsvereins war sich in der Frage um die Neu-Mitglieder nicht ganz einig. Ich wusste daher nicht mehr, für welchen Teil der Partei ich eigentlich sprechen soll.

Was hätte Ihren Rücktritt verhindern können?

MURAWSKI: Ich habe meinen Rücktritt per E-Mail zunächst nur über den Vorstands-Verteiler des Ortsvereins bekanntgegeben. Zwei Stunden später rief mich eine Journalistin an und fragte mich danach. Es sollten offenbar vollendete Tatsachen geschaffen werden, bevor ein mehrheitliches Vorstandsvotum mich eventuell doch noch davon abgehalten hätte.

Aber Ihr Ortsverein hat schließlich drei Dutzend Neu-Mitglieder in einer Nacht- und Nebelaktion abgelehnt.

MURAWSKI: Nacht- und Nebelaktion ist leider falsch. Unsere Aufgabe wäre es gewesen, die Kandidaten zuvor zu interviewen. Aber dadurch, dass bei unserer Mitgliederversammlung plötzlich so viele Leute auftauchten, entstand für alle Beteiligten eine gewaltige Druck-Situation. Für uns war schnell klar, dass viele Unklarheiten nur vom Unterbezirksvorstand entschieden werden können.

Ist Petra Tursky-Hartmann inzwischen nicht schon zu stark beschädigt, um einen erfolgreichen Wahlkampf gegen CDU-Kandidat Michael Boddenberg zu bestreiten?

MURAWSKI: Nein, definitiv nicht. 2009 gab es wegen des Ypsilanti-Wortbruchs für alle Frankfurter SPD-Kandidaten eine absehbare Klatsche. Weil die Wahlniederlage absehbar war, wollte damals sonst niemand für die SPD im Wahlkreis 37 antreten. Auch deshalb hat Petra eine dritte Chance verdient.

Aber wäre nicht in der Kandidatur von Ralf Heider eine historische Chance, den Wahlkreis 37 zu gewinnen?

MURAWSKI: Nein, weil Ralf in seiner öffentlichen Darstellung nur einen Teil der Sachsenhäuser Bevölkerung darstellt. Die SPD hat den Wahlkreis nur 1961 gewonnen, ansonsten ist das eine absolute CDU-Hochburg gewesen. Wäre Ralf nicht so auf die Schließung der Landebahn fixiert, gäbe es fast keinen Unterschied zwischen ihm und Petra. Wenn jemand aber mit solch einer Forderung antritt, dann irritiert das unsere Stammwähler, zumal wenn sie am Flughafen arbeiten. Die politischen Möglichkeiten für eine Schließung sind ausgeschöpft. Ich bin fest davon überzeugt, dass die Landebahn-Frage die Wahl nicht allein entscheiden wird.

Aber muss ein Ortsverein nicht auch über seine eigenen Interessen hinwegsehen, um einen möglichst aussichtsreichen Kandidaten aufzustellen?

MURAWSKI: Ich prophezeie dem etwaigen Kandidaten Heider eine historische Schlappe im Frankfurter Süden. Inhaltlich hat er mich bislang noch nicht überzeugt. Als Petras Problem hingegen wird gerne ihre "große Klappe" bezeichnet, aber sie spitzt zu und bringt die Dinge auf den Punkt. Die Leute wollen Klartext hören.

Auch Ihr Ortsverein fordert per Beschluss die Schließung der Landebahn.

MURAWSKI: Ich auch. Ich glaube aber nicht, dass es passieren wird, weil es dafür nördlich des Mains keine politischen Mehrheiten gibt. Dass wir diesen Beschluss gefasst haben, heißt nicht, dass wir nicht ehrlich zu den Leuten wären. Um Wahlen zu gewinnen, brauchen wir unsere Stammwähler und dürfen diese nicht zugunsten einer unbekannten Größe an Ausbaugegnern verschrecken.

Ihr Ortsverein macht nicht erst seit der Mitglieder-Debatte einen stark gespaltenen Eindruck. Warum hat Petra Tursky-Hartmann selbst in den eigenen Reihen so viele Feinde?

MURAWSKI: Im Vorstand sind exakt fünf von 29 gegen Petra. Das nicht immer unbelastete Verhältnis zwischen ihr und Sylvia Weber kommt dabei immer wieder zum Vorschein. Hätten wir gewusst, dass es so laufen würde, hätten wir womöglich einen Kandidaten vorgeschlagen, mit dem alle leben können. Theoretisch wäre das noch immer möglich. Aber ich glaube, dass die derzeit laufende Mitgliederbefragung ein klares moralisches Votum ergibt. Zumal Petra ja ganz deutlich gesagt hat, dass sie als Kandidatin nur dann antritt, wenn sich eine Mehrheit der Sachsenhäuser Mitglieder für sie ausspricht.

Hat Frau Tursky-Hartmann mit ihrem Vorgehen gegen vorlaute Online-Aktivisten nicht für unnötige Nebengeräusche gesorgt?

MURAWSKI: Wenn ich mir anschaue, was im Netz über Petra geschrieben wird, tut sie recht daran, sich dagegen zu wehren. Ich sehe nicht, dass sie verpflichtet wäre, ihre privaten Beziehungen offen zu legen.

© Frankfurter Neue Presse, 19.02.2013, Seite 17