„Wir sammeln alles – für immer" - Der BdP (BdKom) zu Besuch in der Deutschen Nationalbibliothek (DNB)


Im Oktober steht Frankfurt ganz im Zeichen des Buches. Dem wollte und konnte sich auch die Landesgruppe Hessen/Rheinland-Pfalz/Saarland des BdKom nicht verschließen. Und so stand am 10. Oktober ein Besuch der Deutschen Nationalbibliothek (DNB) auf dem Programm.

Text: Bettina Schmidt
Fotos: Sunita Benzing
Fotoimpressionen vom Rundgang

Die Bundeseinrichtung bewahrt alle Werke in Schrift und Ton auf, die in Deutschland oder mit Bezug zu Deutschland erscheinen. Auch deutschsprachige Veröffentlichungen im Ausland zählen zum Sammelauftrag. Die DNB geht aus mehreren Vorläufereinrichtungen hervor und hat aufgrund der besonderen deutschen Geschichte zwei Standorte: Leipzig wurde 1912 gegründet, in Frankfurt ist die Institution seit 1946 vertreten.



In ihrer Begrüßung erläutere Ute Schwens, Direktorin der Institution in Frankfurt, dass die DNB zum Ziel habe, gemeinsame Lernorte zu schaffen. Dass die Bürgerinnen und Bürger dies annehmen, belegen die Zahlen, denn täglich besuchen an beiden Standorten rund 600 Forschende, Studierende und weitere Interessierte  die Institution. Mitnehmen können die Besucher nichts, denn die DNB ist eine reine Präsenzbibliothek – Wissensdurstige suchen sich die Medienwerke im Katalog aus, bestellen sie und arbeiten sie im Lesesaal durch. Ihre Mittel erhält die Bundeseinrichtung aus dem Haushalt des Kulturstaatsministeriums.

Ein Modell des Gebäudes in der Eingangshalle war dann gleich auch die erste Station der rund zweistündigen Führung. Dort erzählte PR-Chef Stephan Jockel, dass die DNB nicht nur über Leseräume, Büchermagazine und Büros, sondern auch über ein Konferenzzentrum verfüge. Der jährliche Gesamtetat für beide Standorte betrage 55 Millionen Euro, beschäftigt sind 720 Mitarbeitende. Der vorhandene Platz in der Mainmetropole – rund 31.000 Quadratmeter Nutzfläche – reiche noch bis etwa zur Mitte der 30er Jahre. Doch der vorhersehbare Engpass sei kein Problem, denn das Grundstück gegenüber wurde schon beim Bau des Gebäudes für eine Bibliothekserweiterung eingeplant.


176 Kilometer unterirdische Bücherregale 

Auf der nächsten Besichtigungsstation – in den unterirdischen Buchmagazinen – beeindruckte der Gastgeber mit weiteren Zahlen und Fakten. Der Gesamtbestand füllt an beiden Standorten aktuell 380 Kilometer Bücherregale, allein in Frankfurt sind es 176 Kilometer. Täglich kommen 1.000 physische Werke hinzu, die jährlich weitere drei Kilometer Bücherregale füllen. Die eingehenden Publikationen werden nicht nach einem besonderen System, sondern nach Eingang sortiert, mittels einer sehr ausdifferenzierten Methode katalogisiert und mit Nummern versehen. Lediglich bei der Größe wird ein Unterschied gemacht. Damit nichts verloren geht, dürfen nur legitimierte Mitarbeitende in die Magazine. „Wenn einmal ein Buch verschwunden ist, kann es Jahre dauern, bis wir es wiederfinden“, schmunzelte der PR-Chef.


„Wir sammeln alles für immer und beurteilen nicht, ob eine Veröffentlichung gut oder schlecht ist“, betonte Jockel. „Schon nach dem Krieg haben wir zum Beispiel angefangen, Comics zu sammeln. Damals hielt das jeder noch für Schund. Heute sind die Zeichnungen sehr gefragt. Wir können doch jetzt nicht beurteilen, was zukünftig vielleicht relevant ist.“



Digitale Transformation der DNB

Am Standort in Frankfurt am Main sind zwölf Millionen Medien gesammelt – über beide Standorte hinweg sind es 36 Millionen. Sechs Millionen davon sind Netzpublikationen. „Wir bemerken einen Anstieg von E-Books, aber gleichzeitig keinen Rückgang bei den gedruckten Werken“, konstatierte Jockel. Auch die Informationstechnologie sei an sich nichts Neues, „tatsächlich spielt sie bereits seit 1966 eine Rolle“. Die Bandbreite reicht von der Langzeitarchivierung digitaler Medien über konservatorische Maßnahmen an Büchern und Tonträgern bis hin zur Unterstützung digitaler Bibliotheken wie der Deutschen Digitalen Bibliothek.
Netzpublikationen nimmt die DNB seit 2006 in ihren Bestand auf.


Deutsches Exilarchiv 1933 - 1945

Der nächste Stopp beim Rundgang war im „Deutschen Exilarchiv 1933–1945“. Dort erschließt die DNB Zeugnisse von deutschsprachigen Emigranten, die Deutschland zwischen 1933 und 1945 verlassen haben. Die Gründung des Exilarchivs in der frühen Nachkriegszeit wurde von Exilierten selbst mitinitiiert, die darin ein Instrument der politischen Aufklärung sahen. Gesammelt werden Zeugnisse, die etwas Besonderes über das Leben im Exil aussagen, unabhängig von Prominenz und Profession der Person“, so Mitarbeiter Jesko Bender.


In der beeindruckenden Dauerausstellung „Exil. Erfahrung und Zeugnis“ geht die DNB zusätzlich der Frage nach, was es für Menschen bedeutet, im Exil zu leben, und ob es überhaupt ein Ende des Exils gibt. „In unseren Ausstellungen, durch ein vielfältiges Veranstaltungsprogramm und mit unseren Publikationen vermitteln wir die Vielschichtigkeit des Exils zwischen 1933 und 1945. Gerade angesichts heutiger Debatten über Flucht und Migration sehen wir darin einen wichtigen Beitrag für eine lebendige Erinnerungskultur“, so Jesko Bender.


Breites Aufgabenfeld in der Unternehmenskommunikation

Im Sitzungssaal der Generaldirektion mit Blick auf die Skyline von Frankfurt erhielten die 23 Teilnehmenden abschließend einen Überblick über die Unternehmenskommunikation der Institution. Fünf Kolleginnen und ein Kollege in Frankfurt sowie zwei Beschäftigte in Leipzig betreuen ein breites Aufgabenfeld: dazu zählen der Internetauftritt, eigene Zeitschriften, Publikationen und Faltblätter, Jubiläumskommunikation sowie drei Newsletter. Auch Social Media, Community Management und Corporate Influencer spielen eine wichtige Rolle. Die DNB oder die Einrichtungen der Institution sind auf Twitter, Facebook und Instagram unterwegs.


„Ach ja. Pressesprecher bin ich natürlich auch noch“, erinnerte sich Stephan Jockel am runden Besprechungstisch der Generaldirektion und ergänzt, dass die Institution jährlich etwa zehn bis 15 Pressemeldungen verschickt. Krisenkommunikation spiele jedoch „Gott sei Dank“ kaum eine Rolle. Zielgruppen der Kommunikation sind die Nutzer der Webpage, die Besucher an den beiden Standorten und die Beschäftigten. Dem Team ist daher auch die interne Kommunikation sehr wichtig, sie betreuen ein Intranet und organisieren Lunchtalks. Die standortübergreifende persönliche Kommunikation genießt einen hohen Stellenwert.

„Zielgruppen sind darüber hinaus auch die nationale und internationale Fachwelt in Bibliotheken, Archiven und Museen und schließlich auch die Politik. Sie ermöglicht und bestimmt mit ihrer Gesetzgebungs- und Haushaltskompetenz das Arbeiten der Nationalbibliothek“, sagt Jockel.


Ein Fun Fact verriet Jockel zum Schluss: Das erste in Frankfurt für die DNB registrierte Buch nach dem Zweiten Weltkrieg stammt nicht etwa von Goethe oder Schiller, sondern dem eher unbekannten Egerton R. Young. Es heißt „Meine Hunde in Nordland“ und ist ein schmales Pappbilderbuch, das aus dem Englischen übersetzt wurde.