"Zur besonderen Verwendung" - Gräbersuche-Online als erster Recherche-Schritt - Digitale Spende im Test
Zur besonderen Verwendung – Eine Reise in die Vergangenheit meiner Familie
Vortrag und Lesung mit Petra Tursky-Hartmann
Eine Kooperationsveranstaltung des Volksbunds Kriegsgräberfürsorge und der vhs Region Kassel
von Dr. Maike Bartsch - Fotos: Christina Soeder, Maike Bartsch
Urlaub macht man im Süden, auf Malle und Co. – dies sei der
kleinste gemeinsame Nenner, auf den sich die Europäer verständigen könnten,
bilanzierte Petra Tursky-Hartmann augenzwinkernd im Rückblick auf ihre Reisen
in den Osten. Überrascht über die gewählten Urlaubsziele in Polen, Litauen, der
Republik Moldau und der Ukraine waren nämlich nicht nur Freunde und Bekannte in
Frankfurt, sondern auch die besuchten Osteuropäer.
Nicht nur die Neugier auf Routen jenseits ausgetrampelter Pfade war aber Motivation für die ehemalige Flugbegleiterin und heutige Kommunikationsexpertin. Es war auch der Wunsch, in die Vergangenheit der eigenen Familie zu schauen, der Tursky-Hartmann zu ihren Reisen antrieb. Die Corona-Jahre boten Zeit, die Reiseerlebnisse aufzuschreiben und für ein breites Publikum zugänglich zu machen.
„Zur besonderen Verwendung“
Bei einer Lesung für den Landesverband Hessen im Volksbund
berichtete die Autorin über den Entstehungsprozess ihres Buches und Einblicke,
die ihre Reise in die Lebenswelten der Großelterngeneration offenbart haben. In
ihrem eigenen „Familienpuzzle“ konnte die Frankfurterin spannende Versatzstücke
zusammenführen und so zum Beispiel erschließen, wie einer der Großväter sich
1933 nicht schnell genug von der SPD distanziert hatte und deshalb „zur
besonderen Verwendung“ an die Front geschickt worden war.
Tursky-Hartmann, von 2008 bis 2014 als Referentin für
Medienpolitik und Öffentlichkeitsarbeit der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag
tätig, dürfte hier, wie an so vielen anderen Stellen ihrer Reise in die
Vergangenheit, berührt gewesen sein. Überhaupt gehört das Aufblitzen
persönlicher Betroffenheit im ansonsten locker und vielfach
charmant-anekdotisch erzählenden Buch zu den besonderen Stärken der Erzählung.
Mit der Vergangenheit des Zweiten Weltkriegs konfrontiert,
winkten die besuchten Osteuropäer oftmals ab. Viel wichtiger war schon 2015 für
sie, wie man es in Deutschland mit dem Russland Putins halte. So war
Tursky-Hartmann bei ihrer Reise in die Vergangenheit auch immer mit der
Gegenwart konfrontiert. Auch diese Komponente machte ihren Vortrag in Kassel
spannend.
Gräbersuche-Online als erster Recherche-Schritt
Viele Menschen empfinden heute ein diffuses Bedürfnis
danach, die Geschichte der eigenen Familie zu kennen – das ergaben auch die
sich an die Lesung anschließenden Diskussionen. Wie man es angeht, sich auf die
Spuren der Vergangenheit zu machen und das, was Hinterbliebene verdrängt oder
in ihrer Erinnerung beschönigt haben, mit Fakten zu belegen oder eben zu
widerlegen, das konnte Petra Tursky-Hartmann beispielhaft erläutern. Nicht nur
der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. war hilfreich bei den Recherchen.
Auch diverse Archive und Auskunftstellen boten Einblicke in die Lebensstationen
der Familienvorfahren.
Möchten auch Sie etwas über Ihre Vorfahren erfahren, die im
Krieg ums Leben gekommen sind oder als vermisst gemeldet wurden? Die
Gräbersuche-online des Volksbundes könnte ein erster Schritt sein.
Digitale Spende im Test
Anlässlich der Lesung fand in Kassel eine Weltpremiere
statt: Der Volksbund testete seine erste digitale Spendendose. Und so spielte
auch die Zukunft eine Rolle bei dem runden Abend im Vortragssaal der VHS: Das
futuristisch anmutende Sammelobjekt wurde als überaus praktisch empfunden und
fand regen Anklang beim Publikum.
Wir bedanken uns für die eingegangenen Spenden zugunsten der
Bildungsarbeit des Volksbundes in Hessen, bei der vhs Region Kassel für die
Bereitstellung der Räumlichkeiten und bei Petra Tursky-Hartmann für ihr Kommen
in den Norden, nach Kassel.