Frankfurter PresseClub: Zeitungscomics - Volker Reiche im Gespräch mit Michael Kompa

"Mit Bildern verkauft man Zeitungen"

Zeitungscomics - Volker Reiche im Gespräch mit Michael Kompa 

Der Frankfurter PresseClub zu Besuch im Museum für Kommunikation

Am 10. Juli 2024 tauchten Volker Reiche (Comiczeichner) und Michael Kompa (Redakteur des Fachmagazins „Der Donaldist“) im Museum für Kommunikation tief in die Geschichte des Comics ein. Eine Gesamtschau des Werkes von Reiche, der mit STRIZZ fast 20 Jahre lang die Leserinnen und Leser der F.A.Z. begeisterte, ist bis zum 27. Oktober in Frankfurt zu sehen. Schon Mitte der 60er Jahre, als Sponti und Demonstrant, interessierte er sich für Comics, die unter anderem von Trudeau mit „Doonesbury“ politische Themen für amerikanische Sonntagszeitungen illustrierten.


1895, so Kompa, markierte „The Yellow Kid“ bzw. „Mickey Dugan“ von Outcault die Geburtsstunde des amerikanischen Comics. Pulitzer und Hearst hatten erkannt, dass man mit knackigen Schlagzeilen und bunten Bildern in Zeitungen viel Geld verdienen konnte. „Gute Zeichner waren damals so begehrt wie heutige Fußballstars.“ Die Bemerkungen des Yellow Kid wurden auf sein gelbes Nachthemd gedruckt, während die für Comics typischen Sprechblasen erst später mit den „Katzenjammer Kids“ eingeführt wurden. Der Begriff „Yellow Press“ für Boulevardjournalismus leitet sich übrigens von „Yellow Kid“ ab.


Ab 2002 zeichnete Reiche jährlich etwa dreihundert Strizz-Comics für die F.A.Z. und sonntags den „Mecki“ für die HÖRZU. Frank Schirrmacher, der damalige Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, hatte 2001 zwar den britischen Comiczeichner Steven Appleby angeheuert. „Es ging um Saurier und Urmenschen, das war alles ein bisschen abgehoben und intellektuell, aber auch ganz witzig“, erinnerte sich Reiche. Die Leserschaft sah das offenbar anders, und so zog Appleby nach anderthalb Jahren die Reißleine. Reiche wollte den Platz erhalten und reichte umgehend ein Skript ein, wie der Comic für die F.A.Z. aussehen könnte. Appleby hatte zwei volle Zeilen zur Verfügung, also zwölf bis fünfzehn Panels. Normalerweise kommt nach drei oder vier Panels der Höhepunkt. Doch durch das großzügige Format konnte der Höhepunkt bereits im sechsten Panel erreicht werden. „Das Format war mir sehr sympathisch, so konnte ich über die Jahre mein Personal für Strizz sehr leicht weiterentwickeln.“


Milestones des Comics

1895: „The Yellow Kid“ von Richard F. Outcault (1863-1928)

„The Yellow Kid“, erstmals 1894 in der Zeitschrift Truth erschienen, wechselte noch im selben Jahr zu Joseph Pulitzers „New York World“. Der Erfolg der Figur, die wegen Läusebefall kahlgeschoren war und ein gelbes Nachthemd trug, beruhte darauf, dass sich die Menschen auf der Schattenseite der amerikanischen Gesellschaft mit ihm identifizieren konnten.

1897: „The Katzenjammer Kids“ von Rudolph Dirks (1877-1968)

Der in die USA immigrierte Deutsche erfand mit „The Katzenjammer Kids“ den langlebigsten und bis heute publizierten Comicstrip der Welt. Zu seinen Neuerungen gehörte unter anderem die Einführung der Sprechblase. Die Zwillinge Hans und Fritz, angelehnt an Wilhelm Buschs Max und Moritz, rebellieren gegen jede Autorität.

1918: „Gasoline Alley“ von Frank O. King (1883-1969)

„Gasoline Alley“ ist der bekannteste Comicstrip von Frank O. King, dessen Charaktere in Echtzeit altern. Der Comicstrip war grafisch spektakulär, weil der Hintergrund gleichblieb, während die Figuren alle Panels durchliefen.

1950: „Die Peanuts“ von Charles M. Schulz (1922-2000)

Charles M. Schulz schilderte in seinen täglich erscheinenden Strips die Widersprüchlichkeiten menschlichen Lebens anhand einer Gruppe US-amerikanischer Vorstadtkinder mit einem Cast von etwa 60 Personen. Charlie Brown ist die Hauptfigur, ein ewiger Verlierer und Opfer böser Streiche, insbesondere von Lucy, die ihn zwar psychologisch berät, aber auch maßgeblich für seine psychischen Probleme verantwortlich ist.

1970: „Doonesbury“ von G. B. Trudeau (1948)

„Doonesbury“ ist ein täglicher Comicstrip von Garry Trudeau, der seit 1970 die kulturelle und politische Entwicklung der USA seit dem Vietnamkrieg ironisch und kritisch widerspiegelt. 1975 wurde Trudeau für eine politische Karikatur, die sich auf den Watergate-Skandal bezog, mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet.

1973: „Hägar der Schreckliche“ von Dik Browne (1917-1989)

„Hägar der Schreckliche“ ist ein Comicstrip, der 1973 von Dik Browne erfunden wurde. Heute erscheint er in mehr als 1.900 Zeitungen in 58 Ländern und in 13 Sprachen. Zu Hause ist Hägar ein treusorgender Familienvater, der Probleme mit der Hausarbeit hat, während sein Geschäft zufällig das Plündern und Brandschatzen umfasst.