Volksbund: Auf dem Gedenkpfad des KZ-Außenlagers Walldorf


Exkursion des Landesvorstands Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. zur Gedenkstätte am Frankfurter Flughafen

In unmittelbarer Nähe des Frankfurter Flughafens, doch etwas versteckt im Wald gelegen, erinnert die Gedenkstätte Walldorf an das Schicksal von 1.700 jüdischen Frauen aus Ungarn. 1944 wurden sie hier in einem Außenlager des KZ Natzweiler-Struthof gefangen gehalten. Der Landesvorstand des Volksbunds in Hessen besuchte die Gedenkstätte vor seiner Sitzung am 11. Oktober 2024, die auf Einladung der Fraport AG, der Betreibergesellschaft des Flughafens, in deren Unternehmenszentrale stattfand.


Der Keller der Küchenbaracke des Lagers wurde in ehrenamtlicher Arbeit freigelegt und ist in der Gedenkstätte gegen die Witterung geschützt. © Petra Tursky-Hartmann, Volksbund Hessen

Rollbahnbau in Zwangsarbeit

Das KZ-Außenlager Walldorf bestand vom August bis November 1944. In dieser Zeit mussten die gefangenen Frauen in mörderischer Zwangsarbeit, ungenügend bekleidet und ernährt und fortwährend von ihren Bewachern misshandelt, die ersten betonierten Rollbahnen des Frankfurter Flughafens anlegen. Das NS-Regime stufte den Rollbahnbau als „kriegswichtig“ ein und hatte hierzu den Arbeitseinsatz der Frauen aus dem KZ Auschwitz-Birkenau angeordnet. Dorthin waren sie erst kurz zuvor aus Ungarn deportiert worden.


Eine der Informationstafeln am Gedenkpfad. © Petra Tursky-Hartmann, Volksbund Hessen

Von den 1.700 Gefangenen in Walldorf im Alter von 15 bis 46 Jahren starben dort nach Schätzungen etwa 50. Urnengräber mit den Aschen von sechs der Frauen befinden sich heute auf dem Neuen Friedhof in Offenbach. Nach der Auflösung des Lagers Walldorf wurden die Frauen ins KZ Ravensbrück verschleppt. Nur 300 von ihnen erlebten ihre Befreiung bei Kriegsende.


Auf den Fensterscheiben der Gedenkstätte sind die Namen aller Frauen festgehalten, die 1944 im Lager gefangen waren. Das begrünte Schrägdach des Gebäudes symbolisiert den Gedanken, dass der Waldboden hier angehoben wurde, um einen Blick in den Keller freizugeben, wo 1944 viele der jungen Frauen brutal misshandelt und sogar zu Tode geprügelt wurden. © Petra Tursky-Hartmann, Volksbund Hessen

Aufarbeitung seit den 1970er Jahren

Nach dem Krieg wurde das Lager gesprengt und das Gelände aufgeforstet. Ein bedeutender Meilenstein in der Aufarbeitung seiner Geschichte war die Entdeckung der Lagerreste in den 1970er Jahren durch drei Walldorfer Jugendliche. Bei einer Studienfahrt ins KZ Buchenwald stießen sie auf Dokumente, die die verdrängte Existenz des Lagers in ihrem Heimatort belegten.


Diese Entdeckung führte zu einer intensiven Auseinandersetzung mit der Vergangenheit des Geländes und letztlich zur Errichtung eines Gedenksteins sowie eines Gedenkpfades mit Informationstafeln, auf denen die Geschichte des Lagers und die Schicksale der gefangenen Frauen dokumentiert sind. Der Pfad wurde im Jahr 2000 im Beisein von 19 Überlebenden eröffnet. Die Fraport AG unterstützte die Aufarbeitung finanziell, nicht jedoch das Bauunternehmen Züblin, das den Rollbahnbau des Jahres 1944 verantwortet hatte.


Stiftung hält Erinnerung lebendig

Eine herausragende Rolle bei der Aufarbeitung spielte die Zeitzeugin Margit Horváth. Als Überlebende des Lagers gründete sie mit der finanziellen Entschädigung, die ihr nach Jahrzehnten zugestanden wurde, eine Stiftung, die ihren Namen trägt.

„Im März 1944 marschierten die deutschen Truppen ein. Von da an ging alles sehr schnell: Wir mussten den Davidstern tragen, dann ins Ghetto und wenige Wochen später waren wir alle in Auschwitz, die Großmutter, meine Schwestern mit ihren Kindern, Onkel, Tanten …“ Bericht von Margit Horváth, Zitat auf der Internetseite der Margit-Horváth-Stiftung.


Die Margit-Horváth-Stiftung hat sich zur Aufgabe gemacht, das Andenken an die Opfer des Lagers Walldorf lebendig zu halten und gleichzeitig junge Menschen für die Themen Antisemitismus und Rassismus zu sensibilisieren. Geleitet wird die Stiftung von Cornelia Rühlig. Sie führte die von der Geschichte des Ortes sehr bewegten Mitglieder des Landesvorstandes durch die Gedenkstätte und zu einigen Stationen des Gedenkpfads.


Das Engagement junger Helferinnen und Helfer sei zentral für die heutige Erinnerungskultur, hob Cornelia Rühlig hervor, und nannte als Beispiel die Ausgrabungsarbeiten, bei denen der heute in der Gedenkstätte konservierte Keller der Küchenbaracke des Lagers freigelegt wurde.


Der Geschichte des Lagers Walldorf und seiner Opfer hat der Filmemacher Malte Rauch 2003 eine Dokumentation gewidmet. „Die Rollbahn“ zeigt die Schicksale der inhaftierten Frauen und die brutale Zwangsarbeit, mit der die Nationalsozialisten den Ausbau des Frankfurter Flughafens vorantrieben.