Prompten statt texten – KI-Workshop für Journalisten
Text: Nina I. Mülhens
Präsentation: Jan Eggers
"Ein stetig gekämmter Igel hat mindestens einen Glatzpunkt." Das ist kein Scherz, sondern ein wunderbar schräger Kommentar aus dem Workshop „Prompten statt Texten“ mit Jan Eggers, KI-Koordinator der ARD und Journalist mit Forschergeist. Da Künstliche Intelligenz gerade in einem atemberaubenden Tempo die Medienwelt verändert, hatte der Frankfurter PresseClub am 10. Mai zum ersten praxisnahen KI-Workshop ins Palais Livingston ins Frankfurter Westend eingeladen. Ob man erste KI-Schritte gehen oder bestehende Skills vertiefen wollte – der Workshop sollte Techniken und Denkansätze für den journalistischen Alltag liefern.
- Mein Fazit nach einem halben Tag voller Praxis, Irritationen und Aha-Erlebnisse im Frankfurter PresseClub:
- Prompten ist Handwerk, nicht Hokuspokus. Wer bessere Ergebnisse will, muss präzise denken und formulieren. Es braucht Struktur, Ziel und Experimentierfreude.
- KI erzeugt keine Wahrheiten, sondern Text-Vermutungen. ChatGPT ist eine „Text-Vorhersage-Maschine“ – keine Wissensmaschine. Es antwortet so, wie Menschen wahrscheinlich antworten würden. Wahrheitsgehalt? Kritisch prüfen!
- Training ≠ Lernen. KI-Modelle lernen nicht hinzu. Ohne neue Trainingsdaten – keine neuen Fähigkeiten. Was sie kann, ist Ergebnis statistischer Wahrscheinlichkeiten, nicht Erfahrung.
- Zufall ist ein Feature, kein Bug. Dasselbe Prompt kann unterschiedliche Ergebnisse liefern – bei Texten wie bei Bildern. Das ist kein Fehler, sondern macht generative KI erst interessant und kreativ.
- Kritik ist Pflicht. Ob Stereotype in Bildgeneratoren oder falsche Behauptungen in Texten – wer KI nutzt, muss verstehen, was sie kann und was nicht. Technikkompetenz braucht Haltung.
Was haben wir konkret gemacht?
- Zum Start mit dem deutschen Bildgenerator Flux Tiere in Berufsrollen verwandelt (Dachse mit Schreibmaschinen und gestreiften Pyjamas inklusive).
- Erste Prompts entworfen, verglichen, angepasst.
- Die Funktionsweise neuronaler Netze durch die Teachable Machine anschaulich erlebt (Stichwort: Schere, Stein, Papier via Webcam!)
Meine überraschenden Erkenntnisse:
- Viele glauben, sie „trainieren“ ChatGPT – tun sie aber nicht.
- Je menschlicher ein Ergebnis wirkt, desto mehr interpretieren wir Bedeutung hinein – selbst wenn es reiner Zufall ist.
- Auch mit besten Prompts braucht es Geduld: Die KI versteht nichts, sie berät auch nicht – sie rechnet.
Was bleibt für den Alltag?
KI kann Aufgaben erleichtern: Pressetexte, Reden, Zusammenfassungen. Aber sie kann (noch) nicht denken, nicht fühlen, nicht bewerten. Deshalb bleibt unsere journalistische Verantwortung – sogar umso mehr.