Ein offener Brief auf die BI-Nachrichten "Die SPD: Ein "hoffnungsloser Fall"?

Berliner Badeschiff


Sehr geehrter Herr Dörfel,
sehr geehrte Frau Fechter,
Sehr geehrter Herr Hartmann,
sehr geehrte Damen und Herren der BI-Nachrichten,

mit Erstaunen habe ich Ihre Pressemeldung „Die SPD, ein hoffnungsloser Fall“ zur Kenntnis genommen. Schade, dass Sie die Mitglieder des Badeschiff-Vereins nicht einfach eingeladen haben, um offen und ehrlich darüber zu sprechen, wie es um die „charmante Idee“ des Frankfurter Badeschiffs de facto bestellt ist. Mich verwundert es, da die Flughafenausbaugegner bislang für das Badeschiff votiert haben, z.B. mit einem eigenen Antrag (Nr. 533 vom 16. Juli 2007). Der Magistrat der Stadt Frankfurt hält übrigens aufgrund dieses Antrags vier Standorte in Frankfurt (Theodor-Stern-Kai, Molenkopf Westhafen, Ruhrorter Werft und Molenkopf Osthafen) für die Einrichtung eines Badeschiffs für geeignet (B 43 vom 25. Januar 2008).

Ich bin seit der Eröffnung des Berliner Badeschiffs im Jahr 2004 zutiefst überzeugt, dass ein solches Projekt städtebaupolitisch ein Gewinn für Frankfurt ist. Frankfurt würde damit an seine populäre Sportpolitik in der Weimarer Republik anknüpfen, als die Stadt 1922 nicht nur das Stadionbad plante, sondern auch sechzehn Badeanstalten im Main für die Frankfurter Bevölkerung eröffnete. Das „Flaggschiff“ war die private Moslersche Badeanstalt mit über 600 Metern Länge im damaligen "Nizza", das weit über Frankfurt hinaus bekannt war. Ich verstehe ein Badeschiff jedoch nicht nur als historisches Projekt - wie den Wiederaufbau der Altstadt -, sondern als Signal, dass wir es mit der Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie am Main ernst meinen. In Wien und Kopenhagen sind Badeschiffe mit deutlicher Zustimmung der Bevölkerung und Finanzierung durch die öffentliche Hand realisiert worden. Nichts anderes will der Verein „Frankfurter Badeschiff“ seit seiner Gründung. Wir fordern einen fairen, transparenten und ergebnisoffenen Architektenwettbewerb. Wobei ich persönlich nie einen Hehl daraus gemacht habe, dass ich das Modell des Berliner Badeschiffs des Architekten Gil Wilk favorisiere, weil es seit acht Jahren, Sommer wie Winter, ohne technische Probleme in der Spree „schwimmt“.

Da es sowohl in der Frankfurter SPD (erst zur Kommunalwahl 2011 wurde das Badeschiff formal als Zukunftsprojekt von einem SPD-Unterbezirksparteitag in unserem Programm beschlossen) als auch bei Schwarz-Grün (Herr Becker und Herr Cunitz halten bis heute unbeirrt an der Forderung nach einem privaten Investor fest!) erhebliche Widerstände gegen das Projekt gab, habe ich mit Freunden den Weg über die Vereinsgründung gewählt. Dafür habe ich Menschen gefragt, mit denen ich nicht nur politisch zusammenarbeite, sondern teilweise seit meinem Eintritt 1994 in die SPD auch befreundet bin. Möchten Sie, dass Freundschaften in Zukunft justitiabel werden?

Wenn Sie Ihre „Beobachtungen“ übrigens logisch zu Ende durch dekliniert hätten, hätten Sie bemerken müssen, dass es in Frankfurt noch gar kein Badeschiff gibt. Bedeutet das jetzt, dass die „Lobby-Arbeit“ einer Handvoll Sozialdemokraten so folgenlos ist, dass sie es noch nicht mal schaffen, eine Million Euro für "so einen Kahn“ zu akquirieren? Oder bedeutet das, was Sie in Ihren BI-Nachrichten jetzt so fröhlich als "Win-Win-Situation" zusammenzimmern, dass sich Michael Boddenberg (CDU), der als Staatsminister der schwarz-gelben Landesregierung bis zur Entscheidung in Leipzig erbittert gegen das Nachtflugverbot geklagt hat, nun entspannt zurücklehnen kann und die Hände ob Ihrer "Lobby-Theorie" reiben darf? Um Ihnen in Zukunft Ihre Recherche-Arbeit zu erleichtern ein Vorschlag zur Güte: Abonnieren Sie doch einfach mein Facebook-Profil. Dann erhalten Sie täglich einen aktuellen Statusreport und müssen sich für Ihre BI-Nachrichten keine Geschichten, mit wem ich wann wo über was kommuniziere, mehr ausdenken.

Um die Geschichte für heute abzuschließen: Wissen Sie übrigens, warum es am Main immer noch kein Badeschiff gibt? Weil die Idee, das sagte mir einmal ein Freidemokrat ganz offen und ehrlich, von einer Sozialdemokratin „geboren“ wurde. Und genau deshalb darf es das in Frankfurt nicht geben. Das hat er allerdings vor der Wahl von Peter Feldmann (SPD) zum Oberbürgermeister von Frankfurt geäußert. Was mich für die Zukunft "meines" Badeschiffes durchaus optimistisch stimmt.

Mit freundlichen Grüßen

Petra Tursky-Hartmann