Blickpunkt Wahlplakate: Die Bundestagswahl 2025
Welche Merkmale brauchen politische Plakate, um trotz begrenzter Darstellungsmittel einen starken Effekt zu erzielen? Was unterscheidet die deutschen Parteien aktuell in der Plakatwerbung für die bevorstehende Wahl? Was eint sie? Und welche Erkenntnisse sind beim Blick zurück entscheidend? FPC-Vorstandsmitglied Anna Moldenhauer spürte diesen Fragen gemeinsam mit den profilierten KommunikationsexpertInnen Dr. Jasmin Fitzpatrick (Politikwissenschaftlerin Johannes Gutenberg-Universität Mainz), Raphael Brinkert (Agentur BrinkertLück), und Prof. Markus Weisbeck (Bauhaus-Universität Weimar) im Frankfurter Presseclub am 11. Februar 2025 nach.
Wahlen sind das Hochamt der Demokratie
„Warum ist das Wahlkampfmedium Plakat eigentlich noch relevant?“ startete Anna Moldenhauer (Chefredakteurin Stylepark Magazin) die lebhafte Diskussionsrunde. Menschen sind immer noch sehr analog, argumentierte Dr. Fitzpatrick. Deshalb sei ein Wahlplakat, an dem man vorbeilaufe, nicht nur ein guter Erstkontakt, sondern auch für Parteiunterstützende unglaublich wichtig. Da sie Wahlen als „Hochamt der Demokratie“ betrachte, würden Wahlplakate Ihrer Meinung nach durch die öffentliche Sichtbarkeit ein Gefühl von „jetzt passiert etwas Wichtiges in der Politik“ erfüllen. Ein Unterschied zu früher sei allerdings, so Brinkert, dass das Datum unwichtig geworden sei. 1976 habe zudem bereits die Typografie-Legende Helmut Schmid seine künstlerische Freiheit genutzt und bei der Erstellung des Wahlplakats auf den Namen des damaligen Bundeskanzlers Helmut Schmidt (SPD) verzichtet, erinnerte der Grafikdesigner Prof. Weisbeck.
Coronapandemie – der „Defibrillator des QR-Codes“
Eine Besonderheit auf den aktuellen SPD-Plakaten sei ihr QR-Code, berichtete der Agenturchef Brinkert. Die Partei wollte einen Mehrwert bieten, also nicht nur die klassische Werbebotschaft „hier ist mehr netto für dich drin“, sondern die Menschen in den sogenannten Sales-Funnel holen, um über Programmdetails und Wahlkampftourneedaten zu informieren. Das Ziel der Wahlplakatwerbung sei, die breite Masse zu interessieren und Interesse zu wecken, betonte die Politikwissenschaftlerin Dr. Fitzpatrick. Man müsse das Thema sofort erfassen können, „und insofern ist da Simplifizierung durchaus die Kunst, mit wenigen Worten sofort eine Botschaft rüberzubringen.“ Extrem spannend ist nach Auffassung von Raphael Brinkert das Ergebnis der Rheingold-Wahlstudie, die Wahlkampfplakate tiefenpsychologisch beurteilt hatte. „Die AfD-Kampagne wäre die aktuell bessere CDU-Kampagne, und das sagt viel über die Programmschnittmengen aus“, so Brinkert. Mit Blick auf die Sloganwahl der Parteien betonte Dr. Fitzpatrick, es gäbe einen Kanon an Worten, aus denen sich diese bedienen würden. Ein Grund dafür wäre, dass es Worte sind, die eine gewisse Erwartung wecken, die Verlässlichkeit, Einflussnahme und ein Wohlgefühl transportieren sollen.
Bewusstsein für die Wahl schaffen
Die Frage aus dem Publikum, ob Plakatwerbung in Wahlkämpfen überhaupt etwas erreiche, sah Dr. Fitzpatrick durchaus differenziert. Parteien, mit denen sie regelmäßig spreche, hätten ihr zurück gespiegelt, dass dadurch niemand Neues überzeugt werde. Wenn jedoch das Ziel sei, die eigenen Unterstützerinnen und Unterstützer möglichst zu einhundert Prozent zu mobilisieren, dann habe das Plakat durchaus einen Mehrwert. Denn ein Ziel dieser „absolut anlasslosen Kommunikation“ sei, ein Bewusstsein für die anstehende Wahl zu schaffen.